top of page
Sound equipment_edited.jpg

Die zwei wichtigsten Dinge der Musikproduktion


Wenn man als Künstler anfängt, sich damit auseinander zu setzen, die eigenen Stücke aufzunehmen und in die Welt zu entlassen, findet man sich schnell in einer Flut an Informationen im Netz wieder. Das kann einen erstmal ziemlich schnell überrumpeln und schlichtweg überfordern. Man stolpert über unzählige Videos und Beiträge, wie dieser und jener Song produziert wurde, erhält Tipps und Tricks zu Feinheiten beim Songwriting und Producing oder kann sich in den technischen Details zu Mikrofonen, Equalizern oder Kompressoren verlieren. Dabei wird jedoch häufig der Blick verstellt auf die beiden wichtigsten Dinge, um die es letztlich beim Musik-Produzieren geht. Und das hängt damit zusammen, was uns als Menschen letztlich berührt, wenn wir Musik hören: uns wiederzufinden in dem, was da unser Gehirn erreicht.


Am Anfang war der Song.

Es ist so einfach, so banal, dass man schnell darüber hinwegsehen kann. Ohne einen Song oder wenigstens eine Idee für einen, keine Musik und auch keine Aufnahme davon. Am Anfang steht also das Stück. Und nur, wenn dieses Stück die Dinge mitbringt, die es braucht, um uns zu bewegen, haben wir eine Chance, dass wir daraus eine geniale Aufnahme machen können.

Susan Rogers, ihres Zeichens Tontechnikerin für Prince mit einem Doktor in Neurobiologie, schreibt in der aktuellen Ausgabe von Sound on Sound darüber, wieso jeder Mensch das gleiche Stück Musik anders wahrnimmt und wie sich unsere Biologie auf unsere Wahrnehmung von Musik auswirkt. Ohne hier zu sehr ins Detail gehen zu wollen, gibt es vor allem zwei Teile eines Musikstücks, die ganz entscheidend dafür sind, wieso uns manche Musik packt und mitreißt und wieso manche uns kalt lässt. Diese sind Melodie und Rhythmus. Sie erkennt unser Gehirn besonders gut und schnell und deshalb sind diese für das Songwriting auch so ungemein wichtig. Daneben spielen z.B. kontextuelle Aspekte, wie das Genre, eine wichtige Rolle dabei, ob uns ein Song gefällt oder nicht.

Letztlich heißt das: Es lohnt sich, Zeit in die eigenen Stücke zu investieren, sich nicht zufrieden zu geben mit der ersten Idee, die funktioniert, sondern zu feilen, was das Zeug hält. Susan Rogers plädiert dabei umso mehr dafür, sich dabei auf seinen eigenen Geschmack zu verlassen und so zu schreiben, wie es einem selbst erst einmal gefällt. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, wie der Song entsteht, ob auf dem Notenpapier oder durch Improvisation, die Hauptsache ist, er entsteht und man nimmt sich die Zeit, ihn so gut hinzubekommen, wie es irgendwie geht.


Was für ein Auftritt!

Es gibt wohl nichts, was die meisten Musik begeisterten Menschen mehr packt, als die Lieblingsband oder die Lieblingskünstler:in live auf der Bühne zu sehen, vor allem wenn die dann noch richtig abliefert(n). Und manch einer wird es kennen, wenn man auf einem Festival eine neue Band entdeckt und richtig von den Socken gehauen wurde und dann zuhause in die Alben reinhört und erstmal ein klein bisschen enttäuscht ist, dass man nicht durch die Wohnung springt und sich gleich wieder so fühlt, wie am Wochenende in der Moshpit.

Am Ende des Tages ist es nämlich genau das, was uns neben einem tollen Song noch berührt: ihn von einem anderen Menschen zu hören, mitzufühlen, sich mitziehen zu lassen in die Gefühlswelt dieser Person bei ihrer Version des Songs in genau diesem Moment. Die Performance ist daher der zweite große Baustein für eine erfolgreiche Aufnahme eines Songs und vielleicht auch der schwierigste. Auf Knopfdruck eine emotional mitreißende Darbietung abzuliefern in einem ungewohnten Umfeld, fällt den meisten von uns schwer. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, die Demo zu einem Song hat oft mehr Charakter, mehr Ausstrahlung, als die perfekt klingende Studioaufnahme danach. Gerade wenn ein Song neu und frisch ist und die Emotionen des Schreibens noch voll sind, gelingt das Meisterstück, diese auch vor einem Mikrofon darzubieten. Vor allem, wenn man das dann auch noch in den eigenen vier Wänden tut. Und genau deshalb ist es auch hier ratsam, sich im Studiokontext Zeit zu nehmen, sich einzustimmen auf das Stück, was man aufnehmen. Den Spaß am Recordingprozess und die Stimmung, die im Studio herrscht, die hört man auch als Zuhörer, ohne dabei gewesen zu sein.


Das klingt nach ganz schön viel!

Keine Frage, es ist viel verlangt von einer/m Künstler:in, den Banger von Song in der Tasche zu haben und ihn dann auch noch, mir nichts dir nichts, abrufen zu können. Genau an der Stelle kommt der/die Produzent:in ins Spiel. Eine solche Person hilft dabei, dem Song den letzten Feinschliff zu geben und ihn so aufzunehmen, dass er auch auf Platte so rüberkommt, wie wenn er live gespielt wird oder vielleicht auch ganz anders! Eine gute Produzent:in nimmt sich Zeit für dich und wird versuchen, dir eine Basis zu schaffen, dass du dich sicher fühlst, dich im Studio so zu entfalten, wie du es möchtest. Das sind letztlich auch die Ansprüche, die ich auch an meine Arbeit habe. Neben technischer Exzellenz und den richtigen Werkzeugen für den Job, ist es mir ein Anliegen, die beiden wichtigsten Dinge immer fest im Blick zu haben: dich und deinen Song.


Aus zwei wird eins - oder aus ganz vielen.

Wie Susan Rogers schreibt, gibt es am Ende es nicht das eine Kriterium, ob uns eine Aufnahme gefällt oder nicht. Aber wenn die richtigen Dinge zusammen kommen, wie ein guter Song und die richtige Performance, hat man eine Chance, etwas zu erschaffen, was man auch noch in ein paar Jahren gerne hört und was einen immer noch so packt, wie am ersten Tag. Ich persönlich finde diesen Aspekt mit am spannendsten an der gesamten Produktion. Alle Teile zusammenzuführen und zu einem funktionierenden Ganzen werden zu lassen. Manchmal reicht dafür ein bisschen Unterstützung beim Songwriting, manchmal ein ermutigender Satz vor dem nächsten Take und manchmal braucht es dafür nichts weiter, als ein paar Mikrofone in einen Raum zu stellen und eine Gruppe Musiker:innen machen zu lassen. Wenn die dann einen Banger raushauen, als spielten sie vor 80.000 Leuten, springe ich mit einem fetten Grinsen durch das Studio.


Yorumlar


bottom of page